Was ich verloren habe, werde ich nicht wiederbekommen, aber ich werde etwas Neues erfinden, etwas Schönes, das mehr oder weniger verborgen die Erinnerung an das Verschwundene in sich trägt. Der Schmerz über den Verlust stürzt uns in einen Abgrund; beinahe verlieren wir uns selbst dabei, geben uns dem Verlust anheim, umarmen ihn und versinken mit ihm. All diesen Schmerz fasse ich zusammen in einer Spitze, die ich gegen mein Herz richte; sie ist ein Stachel. Er zwingt mich, wach zu werden und zu handeln. Das was ich verliere, gibt mir die Kraft, dem Verlorenen meine Ehre zu erweisen und, in gewisser Weise, es fortzusetzen. Meine Erfindungskraft erhalte ich von allem was (von allen jenen die) ich verloren habe, von der Welt, die ich jeden Tag ein bisschen mehr verliere. Das ist die einzige Möglichkeit, den Tod nicht gewinnen zu lassen. Der Verlust ist eine Gabe. Er muss eine Gabe werden. Diese Verwandlung des Verlustes in Schöpfung ist nicht möglich, ohne eine Verwandlung seiner selbst. Man trägt den Verlust von nun an in sich selbst.
In der letzten Zeit war ich mehrmals mit dem Tod konfrontiert. Ich bin unendlich traurig, ich denke viel darüber nach; aber ich wehre mich dagegen, dass die Verzweiflung die Überhand gewinnt, ich lasse den Kopf nicht hängen. Es ist unsere Aufgabe, die Aufgabe von uns Lebenden, für diejenigen zu sorgen, die nicht mehr hier sind. Aber das reicht nicht. Wir müssen unsere Toten in uns aufnehmen, wie fortdauernde Schwangerschaften; um sie zu ernähren und um uns von ihnen beeinflussen zu lassen. Am Ende unseres Lebens, glaube ich, werden wir alle den riesigen Bauch einer Schwangeren haben, einen Bauch, der alle die beherbergt, die wir geliebt haben und die in uns fortgelebt haben. Wenn wir unseren letzten Atemzug getan haben, werden wir diese Toten in uns gebären und dann werden sie uns in ihre Arme nehmen; sanft werden sie uns an sich drücken und uns aus dieser Welt hinausführen.
(übersetzung : Silke Pfüger)